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ZEUGNISSE
Aus Nr. 01/02 - 2012

Was wir am nötigsten brauchen, ist das Gebet


Ein Zeugnis von Kardinal Roger Etchegaray.


von Kardinal Roger Etchegaray


Roger Etchegaray mit Paul VI. bei der ersten Bischofssynode nach dem Konzil. [© Roger Etchegaray]

Roger Etchegaray mit Paul VI. bei der ersten Bischofssynode nach dem Konzil. [© Roger Etchegaray]

 

Am 13. Februar 1976 wurde ich nach Rom gerufen, wo ich bei einer Begegnung im “Centre Saint-Louis de France” Zeugnis ablegen sollte für den “Alltag eines Bischofs”. Seit 6 Jahren leitete ich die Diözese Marseille, die mir Papst Paul VI. anvertraut hatte; am 27. Mai 1969 war ich in der Kathedrale Notre-Dame in Pariszum Bischof geweiht worden. An jenem Tag in Rom wollte ich zu Beginn meines Vortragsfür die Anwesenden die Aufgaben wieder aufleben lassen, die dem Bischof beim Weiheritus übertragen werden, und das wollte ich auch in meinem Herzen tun.

Diese Aufgaben begleiten mich mein ganzes Leben. In ähnlicher Weise habe ich – nicht nur wegen der zeitlichen Übereinstimmung – auch das Apostolische Schreiben, das Paul VI. fünf Jahre nach Abschluss des Konzils an alle Bischöfe richtete, als meinen “Sendungsauftrag” betrachtet [Quinque iam anni vom 8. Dezember 1970, Anm.d.Red.].

In besagtem Schreiben bat uns Papst Paul VI., dass wir uns auf die schwere und dringliche Pflicht besinnen sollten, dem Volk das Wort Gottes zu verkünden, damit es im Glauben und im Verständnis der christlichen Botschaft wachsen und mit seinem Leben Zeugnis ablegen könne für das Heil in Jesu Christus. „Wir müssen entschieden dafür eintreten“ – so der Papst –, dass „kein Hindernis diese überschäumende Welle himmlischer Gnaden aufhalten kann, die die Stadt Gottes heute mit soviel Freude erfüllt.“ Worauf die Menschen warten, sei nicht ein Mehr an Worten, sondern ein Wort, das einem Leben entspricht, das im besseren Einklang mit dem Evangelium steht, gab der Papst zu bedenken.

So will ich also heute breite Auszüge meines Zeugnisses wieder aufleben lassen, bitte die Leser aber auch, nicht zu vergessen, dass dieses Zeugnis 36 Jahre alt ist!

 

Der Bischof in seiner Teilkirche…

Jeder Bischof weiß, dass er nicht nur im Dienst der sogenannten “Teil”-Kirche, sondern auch in dem der “Welt”-Kirche stehen muss. Es handelt sich um zwei Kategorien, die des Lichtes einer sie umfassenden Realität bedürfen: der Katholizität der Kirche. Einer Katholizität, die das Zweite Vatikanische Konzil auf erstaunliche Weise zum Ausdruck brachte, als es festgestellt hat, dass die Kirche von den Teilkirchen ausgehend existiert, „in quibus et ex quibus una et unica Ecclesia catholica exsistit“ (Lumen gentium, Nr. 23)… In den Augen eines Bischofs der ersten Jahrhunderte ist die Kirche an erster Stelle lokal: nicht im geographischen oder kartographischen Sinn, sondern in einem vitalen Sinne, dort, wo ein Teil des Gottesvolkes, um den Bischof geschart, in der Eucharistie den vollsten und reinsten Ausdruck des Geheimnisses der Kirche sieht.

Meine ganz im Zeichen der Urbanisierung stehende Diözese beschränkt sich zwar auf die Stadt Marseille und ihre unmittelbare Peripherie, ihr kosmopolitischer Charakter ist aber dennoch unverkennbar. Immerhin leben hier so wichtige Minderheiten wie Juden, Muslime und orthodoxe Armenier auf engstem Raum zusammen. Und die Marseiller Katholiken, die die “Mehrheit” ausmachten, lebten mit diesen Minderheiten an einem Ort, der als “Athen des Westens” bezeichnet wurde, und der – seit Beginn des Christentums evangelisiert – der Kirche einen Papst geschenkt hat: Urban V. In Marseille war die Säkularisierung damals bereits stark spürbar: die Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst schwankte zwischen 10 % und 0,5 % in den Arbeitervierteln. Nur wenige haben eine rechte Vorstellung davon, wie der Alltag eines Bischofs aussieht. Pater Bouyer schrieb in seinem Buch L’Église de Dieu, dass der Bischof von heute „Priester weiht, um sie auf apostolische Funktionen vorzubereiten, die er selbst dagegen meist gar nicht mehr ausübt!“. Ein harter Seitenhieb eines berühmten Theologen, der zu Übertreibungen neigte. Meine eigene Situation habe ich darin jedenfalls nicht wiedererkennen können: Alle Tage begannen mit dem Gebet und klangen in der Stille der eucharistischen Anbetung aus, die den Fragmenten des Tages ihren Zusammenhalt und ihre österliche Dynamik wiedergab.

Mein Leben in der Diözese bestand aus der Pflege von Kontakten und dem Austausch mit den dort lebenden Menschen; und das will viel heißen in einer mediterranen Stadt, wo man sich durch allzu viel Öffentlichkeitsarbeit leicht “vereinnahmen” lassen kann … Man muss ein wenig in die Defensive gehen, ohne jedoch jene Steifheit zuzulassen, die keine Spontaneität mehr erlaubt. Ich habe mir jede Woche einen Vormittag Zeit genommen für spontane Gespräche – eine Art “Sprechstunde”, zu der jeder kommen konnte, ohne dass er vorher einen Termin vereinbaren musste.

Und ich kann Ihnen versichern, dass ich von diesen Begegnungen viel gelernt habe.

Zu den Priestern möchte ich folgendes sagen: Wir leben in einer Zeit, in der sich der Bischof viel Zeit für sie nehmen muss. Da sie sich sozusagen im Grenzbereich der doppelten Evolution der Welt und der Kirche bewegen, brauchen sie vor allem die Anerkennung, den Trost und den Zuspruch ihres Bischofs. Ich musste den Bischof und seinen Bischofsrat davor bewahren, sich in dem immer komplizierter werdenden Labyrinth der Ernennungen zu verirren, damit sie den objektiven Bedürfnissen der Ortskirche und den Bestrebungen der Einzelnen Rechnung tragen konnten, ebenso wie den Konsultationen mit den Priesterequipes und militanten Gruppen... Ich frage mich, ob einige innerkirchliche Fragen den Bischof vielleicht nicht doch zu sehr beanspruchen, was letztendlich zu Lasten seiner apostolischen Arbeit und der ständigen Erneuerung des Evangeliums geht.

Was die Beziehung zur öffentlichen Macht angeht, muss ich sagen, dass ich in Marseille nur wenige offizielle Verpflichtungen wahrgenommen habe. Das hatte aber keineswegs mit einer Distanzierung oder gar Vorbehalten der weltlichen Macht gegenüber zu tun, sondern einfach nur mit dem Wunsch, jede mögliche Ambiguität in Bezug auf die spirituelle Bedeutung meines bischöflichen Dienstes von vornherein auszuschließen. Eine typische Marseiller Tradition habe ich aber immer gepflegt: die Votivmesse, die – wegen eines während der Pestepidemie abgelegten Gelübdes – seit 1722 gefeiert wird und zu der seit damals am Fest des Heiligsten Herzens Jesu alle Honoratioren der Stadt mit schöner Regelmäßigkeit zusammenkommen: bei der Messe pflegte ich über ein Thema zu sprechen, das für die Verantwortungsträger in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von Interesse war. Abgesehen davon habe ich für die Träger öffentlicher Ämter, die den echten Wunsch hatten, ihr christliches Leben zu entdecken und zu vertiefen, immer und gern ein offenes Ohr gehabt.

 

<I>Der auferstandene Jesus mit den Aposteln in Galiläa</I>, polychrome Skulptur aus dem 14. Jhr., Chor der Kathedrale Notre-Dame, Paris.

Der auferstandene Jesus mit den Aposteln in Galiläa, polychrome Skulptur aus dem 14. Jhr., Chor der Kathedrale Notre-Dame, Paris.

… und in der Weltkirche

Man wird Bischof, indem man in die Gemeinschaft der Bischöfe eintritt. Ich kann meinen bischöflichen Dienst nur im Rahmen eines “wir” ausüben, das dem individuellen “ich” erst einen Sinn gibt.

Wie aber sieht diese gegenseitige und gemeinschaftliche Beziehung konkret aus? Von einer unteren Ebene ausgehend, könnten wir es auf der Linie von Lumen gentium als “affectus episcopalis” definieren. Und das schien für mich als Bischof von Marseille vor allem mit meinen Nachbar-Bischöfen zum Ausdruck zu kommen, denen von Aix-en-Provence, danach mit den Bischöfen meiner Region Provence-Méditerranée, zu der 10 Diözesen gehörten. Und dann war da noch die französische Bischofskonferenz. Von außen betrachtet stellte sich letztere manchmal wie eine neue Feudalmacht dar, die aufgrund ihrer Effizienz mehr als ein einfaches Bindeglied zur universalen Autorität des Papstes zu sein schien. Kardinal Saliège hat es lapidar wie folgt auf den Punkt gebracht: „Wir haben zwar einen Episkopat, aber keine Bischöfe mehr.“

Das warf natürlich einige Fragen für mich auf.

Beispielsweise die, wie man gemeinsamen Stellungnahmen einen persönlicheren Anstrich geben kann. Denn eines ist sicher: das Wort eines Bischofs zählt noch etwas. Ich erinnere nur an die Hirtenbriefe Kardinal Suhards, deren Überzeugungskraft mir noch heute ein großer Trost ist, oder an den persönlichen Brief Pauls VI. an Kardinal Roy über Probleme der Gerechtigkeit.

Eine andere Frage betrifft die Aufgaben der Bischöfe. Sie sind derart mit Arbeit überlastet, dass sie sich unmöglich mit der gebotenen Distanz zu allen Themen äußern können, die man an sie heranträgt. Läuft diese “Allgegenwart” nicht Gefahr, zu einer “allgegenwärtigen Abwesenheit” zu werden?

Man sollte sich auch fragen, wie man das in den Griff bekommen könnte, was die größte Gefahr darstellt: nämlich die vollkommen unzureichende Zeit, die lehrmäßigen Fragen gewidmet wird – jene Zeit also, in der man sich von jeder Last loslöst und alles von einem Leben ausgehend wahrnimmt, das ständig vom Hauch des Geistes erfüllt wird. Das Lehramt des Bischofs muss garantieren, dass das Zeugnis, das die Kirche für Jesus abgibt, dem Zeugnis der Apostel entspricht. Alle Glaubensäußerungen sind Frucht der Weisheit, die der Glaube in einer bestimmten Kultur schenkt. Aber diese Aufgabe gestaltet sich wegen der Zusammenlegung der Seminare und der abnehmenden Zahl von Priestern mit einer guten biblischen und theologischen Ausbildung zunehmend schwierig…

Kommen wir wieder auf die bischöfliche Gemeinschaft zurück: hier möchte ich betonen, dass es die Einheit mit dem Nachfolger Petri ist, die dem Bischof eine katholische Dimension und zugleich eine Garantie gibt. Der Glaube des Nachfolgers Petri stärkt unseren Glauben. Die Teilkirchen, die nicht selten durch den von vielen Seiten ausgeübten Druck geschwächt worden sind, brauchen das Lehramt des Papstes.

 

Der Bischof, Diener der Weitsicht des Evangeliums

Die Weitsicht des Evangeliums … hat natürlich nichts mit Hellseherei zu tun! Es ist ein Begriff, den ich dem antiken Epitaph des Abercius entliehen habe, das früher in Rom im Lateran aufbewahrt wurde (heute in den Vatikanischen Museen): er beschreibt Jesus Christus als „den Hirten mit großen Augen, der mit einem Blick alles erfasst“. Und schließlich übt der “Bischof” ja gerade auf diese Art und Weise seine pastorale Sendungaus...

Arme und heilige Kirche! Nie war sie so sehr im Gespräch wie heute, nie hat sie so hitzige Debatten ausgelöst – im Gegensatz zu den Zeiten, in denen viele Generationen einfach nur in ihr gelebt haben, ohne auf den Gedanken zu kommen, mehr über die Kirche sagen zu können als ein Kind über seine Mutter sagt. Wer glaubt, der kann die Kirche nicht als einen Parteiapparat betrachten – als wäre sie nicht vielmehr eine lebendige Präsenz. Gott hat uns dazu gelehrt, sie in den einfachen Bildern zu betrachten, die uns die Bibel so großzügig zur Verfügung stellt und die unserem Menschenleben entnommen sind.

Es stimmt, dass dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor allem das dynamische Bild vom “Gottesvolk” am Herzen lag. Nicht umsonst konnte ja auch gerade dieses Bild selbst Realitäten, die schon lange eingefahren waren, einen positiven neuen Aufschwung geben. Der ein oder andere wollte diesem Bild dann aber einen politischen Anstrich geben und hat versucht, dieses so voller theologischem und pastoralem Reichtum steckende Thema kirchenintern zu instrumentalisieren, wobei es letztendlich überstrapaziert wurde. Man ging so weit, die kirchliche Autorität im Namen des Prophetismus zu kritisieren, und das geschah in einem Kontext, in dem es keine Bezugspunkte mehr zu geben schien.

Aber inzwischen ist der befreiende Sinn für die Autorität der Kirche nach und nach wieder zum Vorschein gekommen, vor allem, wenn man den Druck intoleranter, tyrannischer und skrupelloser Lobbys zu spüren bekommen hat, statt die altbekannte, kindesgleiche Stimme der heiligen Mutter Kirche zu vernehmen!

 

Benedikt XVI. mit Kardinal Etchegaray. [© Associated Press/LaPress]

Benedikt XVI. mit Kardinal Etchegaray. [© Associated Press/LaPress]

Diener der Gemeinschaft im Innern der Kirche

Es gibt ein Wesensmerkmal, das bezeichnend ist für den Alltag des Bischofs unserer Tage, und das ist der Dienst der Gemeinschaft in der Kirche. So konnte schon Ignatius von Antiochien an die Gemeinde von Tralles schreiben: „Der Bischof ist ein Mann der Einheit“. Nicht selten sind die Christen daher heute auch versucht, die Intensität ihres Glaubens daran zu messen, wie viel Energie sie darauf verwenden, ihre Konflikte auszutragen. Und wenn das Übel früher die Besessenheit von der Idee der Einheit war, dann ist es heute die Apologie der Verschiedenheit.

In anderen Epochen hatten die Menschen in der Welt und die Christen in der Kirche Bezugspunkte, die ihnen Verhaltensmaßregeln und von allen anerkannte, gemeingültige Werte vorgaben. Man war sich einig über das, was das Wesentliche war – und gerade deshalb konnte man auch über nebensächliche Dinge streiten. Heute dagegen stellt jeder den Anspruch, seinen eigenen Weg gefunden zu haben und schneidert sich seine eigenen Normen, seine eigene Verhaltenslehre zurecht. Daher auch der Beigeschmack des Religionskrieges, der den derzeitigen Konflikten anhaftet: jeder Mensch, jede Gruppe von Menschen – die Christen nicht ausgenommen – wird schnell sektiererisch und intolerant, wenn man versucht, sich sein eigenes Dogma, seine eigene Moral zu geben. Nichts ist erschreckender als der totalisierende Anspruch des politischen Handelns, vor allem in einer Zeit, in der die Unanfechtbarkeit des Glaubens zu wanken beginnt: wenn die Menschen diesen Anspruch vorbehaltlos bejahen, setzen sie, wie der russische Nobelpreisträger Solzhenitsyn betont hat, ihre Integrität aufs Spiel.

Angesichts dieser Reflexionen über die Einheit der Kirche kommen wir nicht umhin, uns die große Frage des Glaubens zu stellen. Die Kirche ist keinesfalls ein Mosaik von Gläubigen. Das Bewusstsein, dass die kirchliche Gemeinschaft eine von Christus gefügte brüderliche und hierarchische Gemeinschaft ist, kommt heute manchmal nur schwer zum Ausdruck. Die Erfahrung der ersten christlichen Gemeinschaften ist dahingehend beispielhaft: als es galt, den Glauben zu bewahren und zu verbreiten, hatte die Einheit oberste Priorität – erst dann kam alles andere. Der hl. Paulus bekräftigte sogar: „Wer euch aber ein anderes Evangelium verkündigt, als wir euch verkündigt haben, der sei verflucht, auch wenn wir selbst es wären oder ein Engel vom Himmel“ (Gal 1, 8). Christen oder christliche Gruppen, die nicht länger den Wunsch haben, die Einheit ihres Glaubens zu prüfen und sich darüber auszutauschen, könnten leicht zu Sekten oder Ghettos werden.

Erlauben Sie mir eine Anmerkung zur Einheit zwischen dem Bischof und seinen Priestern. Bei meinen Besuchen der verschiedenen Priestergruppen konnte ich mich manchmal nicht des Eindrucks erwehren, dass ich mich auf verschiedenen Kontinenten bewegte… So groß erschienen mir die pastoralen Unterschiede, die wiederum das Ergebnis ihrer jeweils verschiedenen menschlichen Realitäten waren. All das verdient es, vom Bischof erkannt und positiv beurteilt zu werden, vorausgesetzt allerdings, dass die missionarischen Vorschläge einer Gruppe offen sind für Austausch und gegenseitige Bereicherung; dass da etwas Vitales ist, das es mitzuteilen gilt und dass an der Basis eben eine ähnliche Missionsberufung steht. Nur auf einer Basis der Einheit kann es wahre Unterschiede geben.

Und schließlich – dieser letzte Punkt ist eigentlich der erste! – steht im Mittelpunkt von Leben und Dienst des Bischofs die Eucharistie. Die Eucharistie begründet und nährt die wahre Gemeinschaft, weil alle Unterschiede schnell vergessen sind, wenn die Christen ihre Hoffnung auf die glorreiche Wiederkunft des Herrn zum Ausdruck bringen. Die Eucharistie ist der Ort, wo sich die ungeschuldete Liebe des Herrn in ganzer Fülle offenbart. Die Wahrheit des Menschen liegt in diesem Wirken der Gnade. Das kontemplative Leben und die Gebetsgruppen, die heute vor allem bei jungen Leuten entstehen, sind für jeden Bischof hoffnungsvolle Bezugspunkte, die er als Mitte des kirchlichen Lebens betrachtet, fördert und schützt.

Lassen Sie mich mein Zeugnis hier beenden, in dem Wissen jedoch, dass ein Zeugnis niemals wirklich zu Ende sein kann, und dass das „martyrion“ des Bischofs ein „schleichendes Martyrium“ ist: man schlägt ihm zwar nicht mehr den Kopf ab, aber er ist dennoch zu einer Art Zielscheibe geworden…

Wie sehr hat sich die Gestalt des Bischofs im Laufe der Jahrhunderte doch verändert, nach den Heiligen Ambrosius, Gregor, Karl Borromäus, Franz von Sales…! Jeder Bischof ist gerufen, sich vor Augen zu halten, dass er nicht mehr nach der Vorstellung beurteilt wird, die man allgemein vom bischöflichen Dienst hat, sondern nach dem Bild, das er selbst von sich vermittelt. Die Funktion deckt nicht mehr den Menschen ab – oder besser gesagt: der Bischof ist auch in seinem Privatleben zur öffentlichen Person geworden.

Heute mehr denn je erwartet man von ihm, dass er heilig ist. Und das ist nicht zuviel für ihn.

Die vorliegenden Seiten helfen mir, voller Zuversicht den Monat Oktober zu erwarten, der dieses Jahr mit gleich drei wichtigen Terminen besonders arbeitsintensiv ist: der Bischofssynode zum Thema der Neuevangelisierung, dem Beginn des Jahrs des Glaubens und der 50-Jahr-Feier des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ich bitte die Leser von 30Tage also um das Almosen des Gebets – damit auch ich nach dem Vorbild des Apostels Paulus leben kann wie einer, der das Evangelium verbreitet: begeistert von der Frohbotschaft; Jude unter Juden, Grieche unter Griechen, solidarisch mit jedem Menschen, ganz gleich, welchen Umfelds und welcher Kultur; allen alles, um wenigstens einen Menschen zu retten; bereit, die Zeichen des Geistes zu interpretieren, um dorthin zu gehen, wo hinzugehen du dir nie erträumt hättest; fähig, eine Glaubensgemeinschaft zu gründen im Herzen des Ephesus und des Korinth unserer Zeit; bereit, unermüdlich neue Gläubige Gottes zu schaffen, sie unterstützend und korrigierend mit liebevollem Unterscheidungsvermögen; eifrig darum bemüht, Verbindungen zwischen den – alten und neuen – Gemeinschaften in der Kirche herzustellen, damit sie gegenseitig ein Zeugnis des Glaubens und des Gebets füreinander ablegen; und schließlich hoffend, dass ich den Herrn stets loben werde für seine Früchte, die ich manchmal in den entlegensten Winkeln der Stadt reifen sehe; dass ich meine schwachen Kräfte dazu benutzen kann, den auferstandenen Jesus zu offenbaren, in der glühenden Erwartung seiner Wiederkunft. Und dass ich voller Freude sei durch eine immerwährende Hoffnung.

Ich danke Giovanni Cubeddu und der Redaktion von 30Tage für ihr Interesse an einem alten Text, der zeigt, was anders geworden ist, und was dagegen bleibt. Ich bitte die Leser von 30Tage eindringlicher und demütiger als je zuvor, für mich zu beten. Was wir am nötigsten brauchen, ist das Gebet.

Danke.



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